Rückblick auf die Rechtskunde-AG am GSA – Berichte aus dem Praktikum am Gericht
Seit mehr als einem Vierteljahrhundert ist die Juristin Petra Krämer am Gymnasium Alleestraße im Einsatz: 1991 informierte sie erstmals Schülerinnen und Schüler im Rahmen einer Rechtskunde-AG über straf- und zivilrechtliche Themen. Rekordzulauf in einem der früheren Jahre: 40 Teilnehmende. „Damals musste die AG in der Aula stattfinden“, erinnert sich Krämer, die heute als eine von zwei Leiterinnen der Jugendabteilung bei der Staatsanwaltschaft Bonn tätig ist. Und noch immer findet sich ein – wenn auch kleinerer – Kreis neugieriger Jugendlicher ein, die mehr wissen wollen über das Rechtssystem in Deutschland. Das Angebot ist keineswegs abseitig, denn, so Krämer, „jeder von uns befindet sich immer in einem rechtlich relevanten Raum“. Das gilt übrigens auch für das Internet – einen rechtsfreien Raum gibt es nicht. Stets greift einer der großen Rechtsbereiche: Strafrecht, Zivilrecht oder Verwaltungsrecht.
Thematisch behandelt hat die Juristin – die 1978 selbst am Alleegymnasium Abitur machte – vor allem das, was die AG-Teilnehmer interessierte. Welche Delikte gibt es überhaupt? Inwieweit sind Minderjährige geschäftsfähig? Wann ist ein Jugendlicher strafmündig? Wonach richtet sich das Strafmaß? Solche und ähnliche Fragen beschäftigten die Runde. Diskutiert wurde auch der Taschengeldparagraph oder die immer wieder geforderte Freigabe von Haschisch und Marihuana. Zwei Exkursionen zum Amtsgericht Siegburg gaben Einblick in die Praxis. Dabei verfolgte die Gruppe ungefähr ein halbes Dutzend ausgewählter Verhandlungen und durfte im leeren Gerichtssaal sogar eine solche Situation nachstellen – Richterrobe inklusive. Spannend waren diese Erfahrungen allemal – und hoffentlich abschreckend genug, um auf dem rechten Pfad zu bleiben. Ansonsten würden sie Petra Krämer womöglich von der anderen Seite kennenlernen. Denn „alle Kinder und Heranwachsende, die in Siegburg wohnen, fallen in meinen Zuständigkeitsbereich“, erläutert sie. „Das gilt aber nicht nur für solche, die straffällig werden, sondern ebenso für diejenigen, diejenigen, die zum Opfer geworden sind.“ (ml. / Februar 2018 / Fotos: Krämer)
Hier einige Schüler-Berichte von der AG-Exkursion:
„Der erste Angeklagte hatte eine Straftat nach dem nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) begangen. Er war in mehreren Fällen mit Drogen erwischt worden, wenn auch in geringer Menge. Aufgrund seines Alters wurde das Jugendstrafrecht angewendet. Ein Jugendrichter ist nicht nur für das Erteilen von Sanktionen, sondern auch für die Erziehung der straffälligen Jugendlichen zuständig. Aus pädagogischen Gründen machten Richter und Staatsanwältin dem Angeklagten das Treffen mit Fangfragen recht unangenehm, damit er bei Gericht nicht zum „Stammkunden“ wird. Das Urteil verpflichtete den Jugendlichen zur Teilnahme an einem Drogen-Frühinterventionskurs und zum Absolvieren von Sozialstunden.“ (Patrick de Smet)
,,Einem jungen Mann wurde vorgeworfen, im alkoholisierten Zustand einen Zigarettenautomaten zerstört zu haben. Gemeinsam mit einem Freund hatte er versucht, den Automaten mit einem Beil zu knacken, um an das darin befindliche Geld zu kommen. Als das nicht gelang, flohen die beiden vom Tatort. Die Anklage gegen den jungen Mann wurde jedoch am Ende fallen gelassen, da sein Freund die gesamte Schuld auf sich nahm. Zusätzlich wurde dieser wegen Besitzes von Marihuana in zwei Fällen verurteilt, er muss nun 30 Sozialstunden ableisten.“ (Elanur Sejdini)
Drei AG-Teilnehmer entschieden sich zuletzt sogar für ein Praktikum beim Amtsgericht Bonn. Die Neuntklässler schildern weitere Fälle:
“Eine Minderjährige war wegen Verstoßes gegen das BtM-Gesetz erschienen. Die Anklage lautete auf illegalen Besitz von knapp 100 g Marihuana. Ihrer Aussage zufolge war nur ein kleiner Anteil von ungefähr 10 g für sie selber gedacht, der Rest dagegen für Freunde bestimmt, die sie nur als leichtgläubige Anschafferin ausgenutzt haben sollen. Bei der Übergabe wurde sie von der Polizei auf frischer Tat ertappt. Eine geringe Menge Marihuana wurde zudem in ihrer Handtasche gefunden. Während der Verhandlung zeigte das Mädchen Einsicht und Reue und betonte, dass sie den damaligen Drogenkonsum nach dem Vorfall eingestellt habe. Oberstaatsanwältin Krämer schlug daraufhin 30 Sozialstunden und einen Präventions-Kurs zur Drogensucht als angemessene Strafe vor. Der Rechtsanwalt der Angeklagten plädierte gegen den Kurs mit dem Argument, dass seit dem Vorfall keine Drogen mehr eingenommen worden seien. Das Urteil lautete schließlich auf 30 Sozialstunden, die in einem bestimmten Zeitraum abgearbeitet werden müssen.”
“Eine Heranwachsende mit Verantwortungsreife (d.h. Einsichts- und Handlungsverantwortlichkeit) war angeklagt wegen Falschaussage zugunsten ihres Exfreundes. Bei dessen Verfahren war es um eine körperliche Auseinandersetzung gegangen. Die Aussagen der Zeugen erwiesen sich im vorliegenden Fall allerdings als ungenau. Da das ursprüngliche Verfahren gegen den Freund eingestellt worden war, entschloss sich der Richter dazu, das Verfahren wegen Falschaussage ebenfalls einzustellen.”
“Ein Heranwachsender mit Verantwortungsreife war angeklagt wegen Führens eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr im trunkenen Zustand ohne gültigen Fahrausweis. Der Angeklagte hatte vor der Fahrt mit dem PKWs Amphetamine sowie Marihuana konsumiert. Dadurch war seine Fahrtüchtigkeit eingeschränkt. Der Angeklagte muss laut Urteil an einen FReD-Kurs teilnehmen. FreD ist ein suchtpräventives Projekt für Jugendliche und junge Erwachsene, die auffällig oder bereits straffällig geworden sind.”
(Selin Özdemir, Antonia-Marie Bürger und Ben Sommer)
aus der Presse:
- Rundblick (Seite 20)
- siegburgaktuell